Solve_et_Coagula Earthfiler
Anmeldedatum: 21.12.2008 Beiträge: 1874 Wohnort: Zürich
|
Verfasst am: 02.09.2009, 14:50 Titel: Adios Aufschwung |
|
|
Adios Aufschwung
MITTWOCH, 2. SEPTEMBER 2009
Der Aufschwung, der keiner war, geht langsam aber sicher zu Ende und damit auch der Glaube, mit Milliarden und Billionen an Steuergeldern der Wirtschaft wieder auf die Füsse zu helfen. Die Gründe dafür sind einfach und banal und dennoch wurden sie von der Oeffentlichkeit ignoriert. Die Staatsgelder wurden vorallem dazu benutzt, Schulden der Banken zu refinanzieren. Das System wurde dadurch gerettet, die Bürger bleiben aber so klamm wie vor dem staatlichen Geldregen.
Wenn durch neue Schulden des Staates alte Schulden der Banken abgelöst werden, dann wird im besten Fall der Status Quo erhalten und genau das ist auch passiert. Nur wenig Geld wurde für neue Projekte, innovative Ideen und dergleichen verwendet, die tatsächlich der Wirtschaft den Boden bereitet hätte, einen neuen Aufwärtszyklus in Gang zu setzen. Dahinter stand allerdings keine böse Absicht, sondern pure Not. Während der Hochkonjunkturphase hatten die Banken ihre Verschuldungsmöglichkeiten bis hin zur völligen Verantwortungslosigkeit ausgedehnt. Eine möglichst hohe Eigenkapitalrendite war die passende Ideologie, deren Verfechter inzwischen etwas leiter treten. Dabei hätte ein Blick in die Bilanzen genügt um festzustellen, dass die hohen Renditen nur durch die relative und absolute Reduktion des Aktienkapitals im Vergleich zur Bilanzsumme möglich wurden.
Noch vergangenen Herbst stand das System vor dem Kollaps. Wie überdreht das Spiel gespielt wurde, machten die nachfolgenden Rettungsmassnahmen klar. Genau so klar musste es eigentlich jedem Beobachter dieser Situation sein, dass eine solche Schieflage, die derart hohe Milliardenmassnahmen nach sich zog, nicht über Nacht entstanden sein konnte, obwohl dies auch heute noch gerne in die Runde geworfen wird. Die Lehman-Pleite sei dafür verantwortlich gewesen. Pustekuchen! Solche Aussagen gehören ins Märchenland der Verblendungskünstler. Die Lehman-Pleite selbst war eine Folge der übermässigen Verschuldung. Alle Investmentbanken wurden wie Hedge-Fonds geführt mit einem Leverage über das 50-fache des eingesetzten Kapitals.
Wer Lust auf Rückschau hat, mag meinen Artikel Grossbanken auf dünnem Eis vom Juni 2008 nochmals lesen.
Die Milliarden sind bei den Banken angekommen, genügen tun sie aber nicht, denn das Fundament der Wirtschaft - die Konsumenten und Unternehmen sind nachwievor überschuldet. Dafür fehlen jetzt die Staatsgelder. Werden noch mehr Schulden gemacht, dann drohen die Investoren aus Angst vor Hyperinflation, steigenden Zinsen und Staatsbankrott das Weite zu suchen. Werden die Schulden nicht gemacht, dann müssen die Konsumenten den Gürtel auch weiterhin enger schnallen, denn die Kreditfinanzierung via Verbriefungsindustrie liegt immer noch in den Seilen. Eine Erhlolung ist dort nach dem vergangenen Debakel nicht so schnell zu erwarten.
Dazu kommen noch steigende Arbeitslosigkeit, ein weiter am Boden liegender Immobilienmarkt, steigende Steuern und schlechtere Kreditkonditionen. Neu ist das alles nicht. Ich schreibe schon seit Monaten darüber. Die Frage aller Fragen lautet somit: Wer kann noch Schulden machen, ohne dass seine Bonität gleich in Frage gestellt wird? Bei den Staaten wird es eng und andere sind nicht in Sicht. Doch letztlich sind Fundamentaldaten für die Börsen nicht die entscheidende Grösse. Was für die Finanzmärkte wirklich zählt, ist die Stimmung und diese scheint nun langsam aber sicher zu drehen, weil die Versprechungen der Politiker bei den Bürgern nicht ankommen. Siehe auch die Umfragewerte von Barack Obama. Also aufgepasst, ein heisser Herbst statt der versprochenen süssen Früchte steht uns bevor und dieses Mal dürfte dies nicht nur für die Realwirtschaft sondern auch für die Börsianer gelten.
http://blog.zeitenwende.ch/hansruedi-ramsauer/adios-aufschwung/ |
|