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Weg von der Wall Street!

 
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Solve_et_Coagula
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BeitragVerfasst am: 11.11.2009, 10:57    Titel: Weg von der Wall Street! Antworten mit Zitat

Weg von der Wall Street! Wie US-Bundesstaaten den wirtschaftlichen Aufschwung selbst finanzieren können

Ellen Brown

Das viele Geld, das in das private Bankensystem gepumpt worden ist, hat die Wirtschaft für die Banker und für die Reichen vielleicht wieder in Ordnung gebracht; an der besorgniserregenden Arbeitslosigkeit oder an der Schuldenfalle, in der so viele Amerikaner stecken, hat es jedoch nichts ändern können.

Bislang hat Obamas 787 Milliarden Dollar schwerer Stimulierungsplan den Anstieg der Arbeitslosigkeit nicht aufhalten können: Seit Beginn des Stimulierungsplans sind 2,7 Millionen weitere Arbeitsplätze verloren gegangen, davon allein 336.400 in Kalifornien, 77.300 in Arizona und 137.300 in Michigan. Insgesamt melden 49 US-Bundesstaaten und der District of Columbia (d.h. die Hauptstadt Washington) einen Netto-Arbeitsplatzverlust.

Ein einsamer heller Stern leuchtet jedoch an diesem düsteren Himmel. Der einzige Staat, der einen Arbeitsplatzzuwachs zu verzeichnen hat, ist North Dakota, ein eigentlich eher unwahrscheinlicher Kandidat für eine solche Auszeichnung. North Dakota ist auch einer von lediglich zwei US-Bundesstaaten, die 2010 voraussichtlich einen ausgeglichenen Haushalt aufweisen werden. (Der zweite ist Montana.) North Dakota ist ein dünn besiedelter Bundesstaat im kalten Norden der USA mit nicht einmal 700.000 Einwohnern, die meisten sind Farmer und leben in weit voneinander entfernten Ortschaften. Und doch verzeichnet das Bruttoinlandsprodukt des Bundesstaats seit dem Jahr 2000 einen Zuwachs von 56 Prozent, das verfügbare Einkommen liegt im Durchschnitt bei 43 Prozent, die Löhne sind um 34 Prozent gestiegen. Der Staat kann nicht nur problemlos die öffentlichen Ausgaben bestreiten, sondern er weist in diesem Jahr sogar einen Haushaltsüberschuss von 1,3 Milliarden Dollar auf, das ist der höchste Wert in der Geschichte des Bundesstaats.

Warum geht es North Dakota so gut, wenn alle anderen Staaten von einer sich noch immer weiter verschlimmernden Kreditkrise erschüttert werden? Das Geheimnis liegt wohl darin, dass der Staat über einen eigenen Kreditapparat verfügt. Die Bank of North Dakota (BND) wurde 1919 vom Landtag des Bundesstaats mit dem ausdrücklichen Ziel gegründet, die Farmer und kleinen Geschäftsleute aus den Klauen der überregionalen Banken und Eisenbahngesellschaften zu befreien. Das erklärte Ziel der Bank ist es, solide Finanzdienstleistungen zu gewähren, die Landwirtschaft, Handel und Industrie in North Dakota zugute kommen.

Die Vorteile einer eigenen Bank
Wie aber kann der Besitz einer Bank die Finanzprobleme eines Bundesstaats lösen? Muss sich der Staat denn nicht mit dem Geld, das er hat, zufrieden geben? Die Antwort lautet: Nein, das muss er nicht. Konzessionierte Banken dürfen tun, was allen anderen verwehrt ist: Sie können durch einen simplen Eintrag in ihren Büchern Kredite schöpfen und dabei die magische »Mindestreserve« nutzen. Die Federal Reserve Bank of Dallas erklärt den Mechanismus auf ihrer Website:

»Banken schöpfen tatsächlich Geld in dem Moment, in dem sie es verleihen. Und so funktioniert es: Die meisten Kredite einer Bank werden an ihre eigenen Kunden vergeben und deren Girokonten gutgeschrieben. Da der Kredit, genauso wie ein eingereichter Scheck, eine neue Einlage darstellt, behält die Bank … einen kleinen Prozentsatz dieser neuen Einlage als Reserve [Mindesteinlage] und verleiht den Rest des Geldes an einen anderen Kunden weiter. Auf diese Weise kann die Bank den Geldschöpfungsprozess viele Male wiederholen.«

Und wie oft? Präsident Obama bemisst den »Multiplikatoreffekt« mit acht bis zehn. Bei einer Rede am 14. April sagte er:

»[O]bwohl viele Amerikaner verständlicherweise meinen, die Regierung täte besser daran, ihr Geld direkt an die Familien und Unternehmen zu geben statt an die Banken – ›Wer hilft uns denn aus der Patsche?‹, so fragen sie –, ist es doch in Wahrheit so, dass aus einem Dollar Kapital in einer Bank tatsächlich acht oder zehn Dollar an Krediten für eine Familie oder ein Unternehmen werden können; dieser Multiplikatoreffekt kann schließlich dazu führen, dass das Wirtschaftswachstum schnell ansteigt.«

Ja, das könnte es, in letzter Zeit ist es aber ganz anders, denn die Privatbanken sind in ihren Handlungen durch hohe Kapitalanforderungen und durch ihr profitorientiertes Geschäftsmodell eingeschränkt. Hier zeigt sich der enorme Vorteil von Banken in staatlichem Besitz: Staaten verfügen über sehr viel Kapital, sie können weit über die nächste Quartalsgewinnmeldung hinaus denken und deshalb auch längerfristige Risiken eingehen. Ihr Vermögen wird nicht durch unangemessen hohe Löhne und Boni geschmälert; es gibt auch keine Aktionäre, die ihren Anteil beanspruchen und ihre Bücher sind weder durch faule Derivatwetten noch durch unverkäufliche forderungsbesicherte Wertpapiere, die berüchtigten Collateralized Debt Obligations und Buchhaltungsprobleme marktnaher Bewertung, im Finanzjargon »mark-to-market« genannt, belastet.

Die Bank of North Dakota (BND) funktioniert als sogenanntes dba (doing business as ... – ein juristischer Begriff im US-Recht), was so viel bedeutet wie: »Der Bundesstaat North Dakota tätigt Geschäfte als die Bank of North Dakota.« Technisch betrachtet wird dadurch das Kapital des Staates zum Kapital der Bank. Auf Kalifornien übertragen würde das bedeuten: Der Bundesstaat Kalifornien besitzt Immobilien im Wert von etwa 200 Milliarden Dollar, hat etwa 62 Milliarden Dollar anderweitig investiert und erwartet für 2009 Einnahmen in Höhe von 128 Milliarden Dollar. Um den Faktor acht multipliziert, wäre dies eine ausreichende Kapitalbasis für die Schöpfung von Krediten in Höhe von fast vier Billionen Dollar.

Um eine Bankkonzession zu erhalten, müsste der Staat wahrscheinlich eine Sonder-Investition als Startup-Kapital kennzeichnen, doch das erforderliche Startup-Kapital für eine Bank liegt in Kalifornien bei nur etwa 20 Millionen Dollar. Für die achtgrößte Volkswirtschaft der Welt ist das gar nichts, das Geld würde darüber hinaus ja auch nicht »ausgegeben«. Es würde einfach zum Stammkapital der Bank, in gewissem Sinne würde aus einer Investition eine andere – und noch dazu eine sehr lukrative, denn bei der BND liegt die Kapitalrendite bei etwa 25 Prozent. Die Bank verschafft also dem Staat eine satte Dividende, in diesem Jahr wahrscheinlich über 60 Millionen Dollar. In den letzten zehn Jahren hat die BND dem Staatssäckel etwa 330 Millionen Dollar eingebracht, mehr als die Steuereinnahmen. Kalifornien könnte weit mehr erwirtschaften. Zurzeit zahlt Kalifornien pro Jahr fünf Milliarden Dollar allein an Zinsen für die Verschuldung. Hätte der Staat eine eigene Bank, könnte diese die Schulden refinanzieren und die fünf Milliarden Dollar an den Staat zurückfließen lassen. Dazu kämen noch erkleckliche Zinseinnahmen für vergebene Kredite.

Neben Kapital braucht eine Bank »Reserven«, die sie aus Einlagen erhält. Im Fall der BND ist das kein Problem, da sie ja über eine feste Einlagengrundlage verfügt. Der Staat und alle seine Institutionen sind gesetzlich verpflichtet, ihre Gelder bei der Bank einzuzahlen, die dem Schatzmeister des Staates konkurrenzfähig hohe Zinsen zahlt. Die Bank akzeptiert auch Einlagen von anderen Stellen. Diese nicht unerheblichen Mittel können dann in Form von Krediten an den Staat weitergegeben werden.

Staatliche Banken nach dem Modell der Zentralbank
Die Gründer der BND hatten die Bank ursprünglich als eine Art genossenschaftliches Institut geplant, das die Farmer von den räuberischen Kreditgebern befreien sollte, doch später übernahmen konservative Interessen das Ruder und drängten diese Art Geschäftskredite an den Rand. Die BND ist heute vornehmlich eine »Bank der Banker«. Sie arbeitet wie eine Zentralbank, deren Funktionen denen einer Abteilung der Federal Reserve gleichen. Sie vermeidet die Konkurrenz mit Privatbanken, indem sie mit partnerschaftlich mit ihnen zusammenarbeitet. Die meisten Kredite werden von der örtlichen Filiale einer Bank ausgegeben. Erst dann steigt die BND in den Kredit ein, übernimmt das Risiko und hält die Zinsraten niedrig.

Die BND fungiert auch als Sekundärmarkt für Immobilienkredite, die sie von den lokalen Banken aufkauft. Ihr Wohnimmobilienportfolio umfasst heute 500 bis 600 Milliarden Dollar. Durch diese Funktion konnte der Staat die Kreditkrise umgehen, von der die Wall Street im Jahr 2007 erschüttert wurde, als der Sekundärmarkt für Kredite zusammenbrach. Zuvor kauften Investoren den Banken besicherte Kredite (CDOs) ab, wodurch in deren Büchern Luft für neue Kredite geschaffen wurde. Doch diese »Schattengeldgeber« zogen sich zurück, als sie feststellten, dass die »Credit Default Swaps« genannten Derivate, die angeblich ihre CDOs schützen sollten, eine höchst unzuverlässige Form der Absicherung darstellten. In North Dakota stellt die BND diesen Sekundärmarkt für Immobilien, die Bank hat sehr konservativ investiert, sodass es nicht zu einem Spekulations-Debakel mit Derivaten gekommen ist.

Zu den weiteren Dienstleistungen der BND zählen Garantien für Unternehmens-Startups sowie Studentenkredite, der Kauf von Kommunalobligationen und ein gut gepolstertes Kreditprogramm zur Soforthilfe im Katastrophenfall. Als kürzlich die Stadt Fargo von einer schweren Überschwemmung heimgesucht wurde, hat dieser staatliche Notfonds der Stadt zur Seite gestanden, sodass es nicht zu einem Desaster wie seinerzeit in New Orleans gekommen ist. Als North Dakota vor einigen Jahren den Haushalt nicht ausgleichen konnte, kam die BND für die Lücke auf. Die BND unterhält ein Konto bei der Federal Reserve Bank, die Einlagen sind jedoch nicht durch den Einlagensicherungsfonds FDIC abgesichert. Sie werden vielmehr vom Bundesstaat North Dakota selbst garantiert – eine sehr umsichtige Maßnahme in einer Zeit, wo die FDIC am Rande des Bankrotts steht.

Das Geschäftsbankenmodell: Die Commonwealth Bank of Australia
Die BND vermeidet sorgsam jede Konkurrenz mit den Privatbanken, doch kann eine Bank in öffentlichem Besitz auch im Geschäftskreditbereich durchaus gewinnträchtig tätig sein. Ein erfolgreiches Modell dafür war die Commonwealth Bank of Australia, die gleichzeitig die Funktion einer Zentralbank und einer Geschäftsbank ausübte. Fast ein Jahrhundert lang hat die staatliche Commonwealth Bank Bereiche wie Hausbau, Kleinunternehmen und andere Betriebe finanziert. Sie wurde zu einer öffentlichen Konkurrenz, die dafür sorgte, dass die »Banken ehrlich blieben« und die Zinsen niedrig hielten. Für die Commonwealth Bank rangierten die Bedürfnisse der Kreditnehmer vor dem Gewinn, sie hat den soliden Fluss von Investitionsgeldern an Farmer und in andere wichtige Bereiche sichergestellt. Trotzdem hat die Bank von 1991 bis fast zum Ende des Jahrhunderts beständig einen Gewinn erwirtschaftet.

Anscheinend war sie dabei etwas zu erfolgreich und wurde so zum Kandidaten für eine Übernahme. Sie war einfach »zu gut, um nicht privatisiert zu werden«. Die Bank wurde in den 1990er-Jahren für sehr viel Geld verkauft, ihre Verfechter halten den Verlust gesellschaftlich und wirtschaftlich betrachtet für unermesslich hoch.

Eine eigene Bank für den Bundesstaat Florida?
Würde dieses Geschäftsmodell der Commonwealth Bank auch heute in den Vereinigten Staaten funktionieren? Der Ökonom Farid Khavari bejaht diese Frage. Als Kandidat für das Amt des Gouverneurs von Florida schlägt er die Gründung einer Bank of the State of Florida (BSF) vor, die Kredite an Einwohner des Bundesstaates zu weit niedrigeren Zinsen vergeben würde, als heute üblich, wiederum unter Nutzung der magischen Mindestreserve. Er erklärt:

»Für jede Einlage von 100 Dollar kann eine Bank neue Kredite in Höhe von 900 Dollar schöpfen. Dabei kann die BSF für Einlagenzertifikate (CDs, Certificates of Deposit) sechs Prozent Zinsen zahlen. Während die Bank für Einlagen jährlich sechs Prozent Dollar an Zinsen auszahlt, kann sie für 900 Dollar Hypotheken mit einer Verzinsung von zwei Prozent jährlich ausgeben, was dem Staat einen Gewinn von 18 Dollar einbrächte.«

Für jede Hypothek von 100.000 Dollar würde der Staat 15.000 Dollar Gewinn machen, bei Unkosten in Höhe von etwa 1.700 Dollar, während ein Hausbesitzer 88.000 Dollar an Zinsen einsparte und sein Haus 15 Jahre früher in Eigentum nennen könnte. »Unsere Bank spart den Leuten im Verlauf von 30 Jahren allein durch die niedrigeren Zinsen etwa sieben Jahresgehälter ein«, so Dr. Khavari. Er schlägt ebenfalls vor, Kreditkarten mit sechs Prozent Zinsen und mit sechs Prozent verzinste Einlagenzertifikate auszugeben.

Der Staat könnte an diesen Krediten Jahr für Jahr Milliarden verdienen und die Verbraucher finanziell erheblich entlasten. Er könnte auch die eigenen Schulden und die der städtischen Verwaltungen zu sehr niedrigen Zinssätzen refinanzieren. Einer in Deutschland erstellten Studie zufolge machen Zinsen etwa 30 bis 50 Prozent der Kosten sämtlicher Güter aus, die wir kaufen. Niedrigere Zinsen würden also Vorhaben wie den Bau preisgünstiger Wohnungen, die Entwicklung von alternativen Energien und den Bau von Infrastruktur für den Staat nicht nur machbar, sondern sogar profitabel werden lassen und gleichzeitig dringend benötigte Arbeitsplätze schaffen.

http://info.kopp-verlag.de/news/weg....lbst-finanzieren-koe.html
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