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Das große Wimmern (alias Basel III)

 
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Solve_et_Coagula
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BeitragVerfasst am: 20.09.2010, 21:21    Titel: Das große Wimmern (alias Basel III) Antworten mit Zitat

Das große Wimmern (alias Basel III)

Montag, 20. September 2010 17:23
von Bill Black , Übersetzung von Lars Schall

„Können Sie sich an die guten alten Tage in London erinnern? Der 'Big Bang' der City of London und der Wahnsinn, der Basel II war, definierten die Ära, in der die westlichen Banken zum finanziellen Wilden Westen wurden. Es endete nicht gut“, sagt William K. Black – und beschreibt die Unzulänglichkeiten von Basel III laut einem ehemaligen Bankenregulierer. Dazu gehört, dass Black verlautbart: „Ich denke, es ist ein Symptom dafür, wie tief wir gefallen sind, dass ich das Bedürfnis verspüre, erklären zu müssen, dass Lügen ein schlechtes Geschäft ist.“

Bill Black ist der Autor des Buches The Best Way to Rob a Bank Is to Own One das sich mit der “Saving & Loan“-Krise der 1980er Jahre in den USA beschäftigt. Black, der damals als Bankenregulierer gegen die dort aufgetretene Kriminalität anging, ist heute Professor für Ökonomie und Rechtswissenschaften an der University of Missouri-Kansas City. Seine Artikel, Essays und Aussagen vor dem US-Kongress können unter seiner: Social Science Research Network Seite sowie unter: New Economic Perspectives gefunden werden. Das englische Original des folgenden Textes erschien auf der US-amerikanischen Finanzwebsite “Benzinga“, auf der Black eine Kolumne zum Thema „Regulierung“ veröffentlicht. Die nachfolgende Übersetzung, die von Bill Black autorisiert wurde, erscheint exklusiv auf chaostheorien.de.

Können Sie sich an die guten alten Tage in London erinnern? Der "Big Bang" der City of London und der Wahnsinn, der Basel II war, definierten die Ära, in der die westlichen Banken zum finanziellen Wilden Westen wurden. Es endete nicht gut. Während des Debakels der Spar-und Darlehenskassen (Savings & Loan, S&L) in den USA hatte ich das große Glück als Regulierer, Leitlinien von einem der führenden „Rechts-und Wirtschaftswissenschafts"-Professoren der Nation, Professor Daniel Fischel, zu erhalten, der bald darauf Dekan der Law School an der University of Chicago wurde. Fischel versicherte uns, dass der Grund, dass die großen S&Ls so wenig Kapital aufwiesen, der war, dass die Märkte realisierten, dass sie so wenig Risiko in sich trugen, dass eine triviale Kapitalausstattung völlig ausreichend war. Das konkrete und Marktwert bezogene Kapitalniveau der großen S&Ls war negativ – und die meisten von ihnen gingen unter. Die speziell großen S&Ls, die Fishel pries - Lincoln Savings and CenTrust - waren große Buchhaltungs-„Kontroll-Betrugsfälle". Lincoln war der teuerste aller S&L-Bankrottfälle ($ 3,5 Milliarden) und Centrust gehörte zu den zehn teuersten Schließungen.

Das Vereinigte Königreich ignorierte die Lehren aus dem S&L-Debakel, als es eine widersprüchliche Politik der aggressiven Deregulierung und Abschaffung der Aufsicht als Teil ihres Big Bang übernahm. Die Länder der entwickelten Welt übernahmen durch den Basel II-Prozess Fischels fälschliche Behauptung, dass triviale Kapitalausstattungen ausreichend seien, weil die meisten großen Banken nur minimale Risiken des Scheiterns aufweisen würden, und die Verluste zeigten, dass das ein bisschen zu optimistisch gedacht war. Basel II versuchte im Wesentlichen, die Eigenkapitalanforderungen, besonders für große Banken, zu verringern. Die großen Banken wurden ermuntert, ihre firmeneigenen Modelle zu verwenden, um ihre Risiken und Vermögenswerte zu messen sowie das gewünschte Kapital festzulegen. Jeder, der (A) sensibel und (B) je bei der Untersuchung von Finanzinstituten beteiligt war, wusste, dass dies bei den größten Banken zu Unterbewertungen ihrer Risiken und Übertreibungen ihrer Vermögenswerte und Kapitalniveaus führen würde - und dass es Prüfern unmöglich gemacht werden würde, die größten Banken effektiv zu überprüfen. Das Ergebnis war eine Katastrophe, die fast zur nächsten Weltwirtschaftskrise geriet.

Basel II wurde mit allen Arten toller Versprechen ausgerollt. Man könnte erwarten, dass die Finanz-Presse, vom erbärmlichen Versagen des Basel-Prozesses belehrt, mit großer Zurückhaltung auf die Behauptungen der Basel III-Befürworter reagieren würde. Stattdessen titelte die New York Times: „Die Regulierer unterstützen die neuen Bankregeln, um Krisen zu verhindern“, und begann ihren Artikel mit diesem Absatz:

Die weltweit größten Banken-Aufsichtsbehörden vereinbarten Sonntag weitreichende neue Vorschriften, um das globale Bankgeschäft sicherer zu machen und die internationalen Volkswirtschaften vor künftigen finanziellen Katastrophen zu schützen.

Die Washington Post war noch überschwänglicher:

Das Aufsichtsbehördentreffen, das in Basel, Schweiz, stattfand, vereinbarte am Sonntag neue Schritte, um das Finanzsystem vor der Art von Krise zu immunisieren, die die Welt vor zwei Jahren in eine Rezession drängte.

Das Wall Street Journal begeistert:

Regulierer aus aller Welt setzten eine historische Neubildung der weltweiten Bankensystem-Vorschriften durch. Damit zwingen sie die Finanzinstitute, ihren Schutz gegen unerwartete Verluste zu erhöhen Dies dürfte in den kommenden Jahren Wirkungen auf alles von Hypotheken bis zu gewerblichen Krediten und Kreditkarten haben.

Die neuen Regeln sollen die Arten riskanter Aktivitäten eindämmen, die zur Finanzkrise beitrugen, die die Wall Street Hochkant stellten und die Weltwirtschaft bis in den Kern erschütterten.

Die Financial Times lieferte die angemessenste Diskussion von Basel III, aber auch sie akzeptierte ohne Analyse die Behauptung:

Strengere Eigenkapitalvorschriften gelten als entscheidend für die Verhinderung einer weiteren Finanzkrise, aber Banker haben gewarnt, dass die neuen Standards zu hart oder aber die Fristen für die Umsetzung zu kurz wären. Die Kreditvergabe könnte eingeschränkt werden, was wiederum das Wirtschaftswachstum beschneiden und Arbeitsplätze kosten könnte.

Nun, nein. Bankaktien stiegen prompt, gerade weil die Märkte Basel III als so schwach ansehen. Im günstigsten Fall dürften uns die Grundkapital-Anforderungen von Basel III zurück zum Niveau von Basel I bringen – und niemand wird ernsthaft denken, dass uns Basel I vor einer Finanzkrise bewahren würde. Ja, Basel II war verrückt - und es wurde Ihnen weitestgehend von den gleichen Leuten gebracht, die nun Basel III formten. Aber die Krise wäre eingetreten, selbst wenn Basel III vor einem Jahrzehnt eingeführt worden wäre, und die Übernahme von Basel III wird künftige Krisen nicht verhindern. Nichts in Basel III befasst sich mit den grundlegenden Anreizen, die wiederkehrende, intensivierende Finanzkrisen verursachen. Die „Kontroll-Betrugsfälle“ der Enron-Ära sollten uns gelehrt haben, dass wir Finanzkrisen auch ohne Bankenpleiten haben können.

Keiner der Artikel über Basel III diskutiert das Thema Rechnungswesen. Der Basel III-Prozess ignoriert die Thematik der Buchhaltung fast vollständig, obwohl dies die „Waffe der Wahl" im Finanzbereich darstellt. Gibt es jemanden, der so naiv ist, dass er denkt, dass die nominalen "Kapital"-"Anforderungen" verbindliche operative Zwänge aufweisen, ohne dass es sinnvolle, durchgesetzte Buchhaltungsregeln gibt? Wir müssen offenherzig sein. Die wirklichen Eigenkapitalanforderungen sind nunmehr wesentlich niedriger als in den schlechten alten Tagen von Basel II. Sie sind niedriger, weil wir - und die Europäer – prinzipienlose Buchhaltungsprinzipien adoptiert haben, die Banken gestatten, bezüglich ihrer Vermögenswerte zu lügen, um so ihre massiven Verluste bei Darlehen und Investitionen verstecken zu können. Die USA hatten eine wesentlich höhere Mindestkapitalanforderung als die europäischen Banken, denn so schwach unsere Anti-Regulierer auch waren, sie waren von Basel II entsetzt, und bestanden auf einer höheren Eigenkapitalanforderung. Wenn die USA Basel III übernehmen, dann werden unsere tatsächlichen Eigenkapitalanforderungen für Banken mit schweren unerkannten Vermögensverlusten niedriger sein als die tatsächliche Eigenkapitalanforderungen, die wir unter Basel II eingeführt haben - das zeigt, wie groß die Buchhaltungslügen sind. Europäische Banken hatten keine bedeutenden Eigenkapitalanforderungen nach Basel II, sodass viele ihrer Banken – in sechs Jahre von heute aus gesehen, wenn die nominell erhöhten Kapital-Regeln greifen – eventuell geringfügig höhere Eigenkapitalanforderungen aufweisen könnten. Auch diese Anforderung wird jedoch geringer sein als bei Basel I (unter Voraussetzung einer ehrlichen Buchhaltung).

Betrachten wir zwei Implikationen der Differenz zwischen nominellen und wirklichen Eigenkapitalanforderungen. Erstens, wenn Sie glauben, was die Autoren von Basel III zu glauben vorgeben, dass unzureichende Eigenkapitalvorschriften Bankenkrisen verursachen - dann muss Basel III scheitern, wenn es nicht die Buchhaltungslügen beendet. (Ich zweifel tatsächlich diese konventionelle ökonomische Weisheit an.) Zweitens, wenn wir über Buchhaltungsfragen lügen und Zombie-Banken in den Händen derer belassen, die sie geplündert haben und Verluste über Billionen von Dollar verursachten, weiden wir unsere Integrität und unsere Bemühungen um eine wirtschaftliche Erholung aus. Lügen funktioniert nicht besonders – man schaue auf Japan. Es verhindert das Reinigen von Märkten, es lässt Banken, die gescheitert sind, unter der Kontrolle von gescheiterten Bankern, und es hinterlässt Banken, die sich langsam im Wind drehen, unfähig und unwillig, die Erholung zu finanzieren. Ich denke, es ist ein Symptom dafür, wie tief wir gefallen sind, dass ich das Bedürfnis verspüre, erklären zu müssen, dass Lügen ein schlechtes Geschäft ist.

Ein kurzes Update zu meinem Artikel letzte Woche über die Kabul Bank und ihrem Netz aus Kontroll-Betrug und Korruption: Die Washington Post berichtete heute, dass die Regierung und unser Senior-Offizierskorps beschlossen haben, dass wir Anstrengungen gegen die Korruption unter unseren afghanischen Verbündeten zurücksetzen müssen, weil wir Karzai und seine Kumpane in Wut versetzten - „Ein subtileres Vorgehen, um die afghanische Korruption zu bekämpfen?" (“A subtler tack to fight Afghan corruption?”)

Das Wort „subtiler" ist ein Euphemismus für „schwächer“. Anscheinend muss ich erklären, dass Korruption nicht einfach nur unmoralisch ist – sie tötet und verstümmelt unsere Truppen.

Siehe hierzu: William K. Black: “Kabul Bank: Not Worth Hiding Fraud“, veröffentlicht auf chaostheorien.de am 7. September 2010 unter: http://www.chaostheorien.de/artikel....fraud?redirect=%2Fartikel

http://www.chaostheorien.de/artikel....ii?redirect=%2Fstartseite
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