morph-us Freelancer

Anmeldedatum: 15.03.2006 Beiträge: 1487
|
Verfasst am: 29.10.2007, 19:50 Titel: Eva Horn - Der geheime Krieg |
|
|
Seit nach 9/11 der Terminus “Verschwörungstheorie” zu einem institutionellen Abwehrzauber geworden ist, mit dem Meinungsführerschaft und Deutungshoheit über die Realgeschichte verteidigt werden, ist eine rationale Debatte über den Begriff kaum noch möglich. Das Stigma “Verschwörungstheoretiker” – je nach Konnotation identisch mit “Total-Verrückter”, “Holocaustleugner”, “Menschenfeind” – führt zur schleunigen Exkommunikation aus dem Mainstream-Diskurs. Von einer “Konspirologie”, einer konspirationsbewußten Erkenntnistheorie, die das Wissen um die Allgegenwart von Verschwörungen in die Analyse des Politischen einfließen läßt – von einer solchen verschwörungstheoretisch fundierten “Wahrnehmungswissenschaft”, über die ich in “Verschwörungen, Verschwörungstheorien…” geschrieben habe, scheinen wir weit entfernt. Vielleicht, weil eine derart “kalte” Herangehensweise in der aufgeladenen Schock-Atmosphäre des Ereignisses nicht möglich war und der Ausnahmezustand eine klare Freund-Feind-Unterscheidung verlangte: Differenzierungen, alternative Deutungen, abweichende Meinungen, all das was eine skeptische “konspirologische” Wahrnehmung der Ereignisse zu Tage förderte, mußte zugunsten von Eindeutigkeit aus dem Diskurs verbannt werden. Das Stellen von Fragen wurde als Insinuieren von Antworten tabuisiert, Verweise auf widersprüchliche Fakten als böswillige Fiktionen denunziert und die Forderung nach Aufklärung als pathologische Vernebelung – bei gleichzeitiger massenhafter Verbreitung des Räubermärchens von Osama und den 19 Teppichmessern als einziger Ursache und alleinseligmachender Wahrheit der 9/11-Verschwörung. Derlei simplizistische Schwarz/Weiß,- Gut/Böse,- Raster beherrschen den Diskurs bis heute und führten dazu, dass zum Thema Verschwörungen und Verschwörungstheorien fast auschließlich Flachsinn publiziert wird – wie zuletzt von dem Eva-Herman-Experten und Burschenschafts-Historiker W. Wippermann (“Agenten des Bösen”).
Das ausgeschlafenere Akademiker aber mittlerweile aus ihrer 9/11-Schiockstarre aufgewacht sind und in Sachen Verschwörung wieder klar denken und schreiben können, zeigt das soeben erschienene Buch von Eva Horn (“Der geheime Krieg – Verrat Spionage und moderne Fiktion”, Fischer Verlag, 14,95 EU). Die Autorin – Kulturwissenschaftlerin an der Uni Basel - untersucht das Thema nicht anhand der Aufdeckung von Staatsgeheimnissen und Verschwörungen, sondern anhand von Literatur und Filmen, die die Logik des Geheimen analysieren. Dieser Ansatz, nicht in der Realgeschichte der Geheimdienste zu stochern, sondern in den Fiktionen, die sie zum Thema haben, scheint auch die notwendige Distanz zu verschaffen, meine Arbeiten zum Thema seit dem 13.9.2001, richtig zu verstehen:
http://www.zweitausendeins.de/write....10&year=2007&CT=1 _________________ *HUMAN FAILURE* |
|