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Das Geheimnis der chinesischen Wunderwirtschaft

 
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Solve_et_Coagula
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BeitragVerfasst am: 20.08.2009, 15:13    Titel: Das Geheimnis der chinesischen Wunderwirtschaft Antworten mit Zitat

Das Geheimnis der chinesischen Wunderwirtschaft: Die Banken gehören der Regierung – nicht umgekehrt

Ellen Brown

Während die USA Billionen Dollar aufwenden, um dem Bankensystem aus der Patsche zu helfen und dabei die eigene Wirtschaft zugrunde gehen lassen, wird China überall als »Wunderwirtschaft« bezeichnet, die sich vom Rest der Welt abgekoppelt hat. Während die übrige Welt in der schlimmsten Rezession seit den 1930er-Jahren versinkt, verzeichnet China ein geradezu phänomenales jährliches Wirtschaftswachstum von acht Prozent.

»Man kann es sich in Zeiten einer von den Banken selbst verursachten Bankenkrise zwar nur schwer vorstellen, aber die Banken bilden noch immer die mächtigste Lobby am Capitol Hill. Offen gestanden: ihnen gehört Capitol Hill.« – US-Senator Dick Durbin, Democratic Party Whip (Parlamentarischer Geschäftsführer der Demokraten im US-Senat) am 30. April 2009

Die vergleichsweise hoch erscheinenden Zahlen über das Wachstum der chinesischen Wirtschaft werden gemeldet, doch Kommentatoren haben da ihre Zweifel. Sie fragen sich, wie ein solches Wachstum möglich sein kann, während andere stark exportabhängige Länder eine erhebliche Schrumpfung und eine anhaltende Flaute zu verzeichnen haben. Skeptisch merkt der Ökonom Richard Wolff an:

»Wir erleben heute eine globale kapitalistische Krise. Der Verbrauch geht überall zurück. Überall wird weniger gekauft, das gilt auch für Waren aus China. Wie soll es denn möglich sein, dass in der Gesellschaft, die so stark von der Weltwirtschaft abhängig ist, jetzt so ein explosives Wachstum herrscht? Der chinesische Aktienmarkt steht heute 100 Prozent höher da als auf seinem Tiefpunkt – so etwas gibt es in der ganzen Welt auch nicht annäherungsweise noch einmal, und schon gar nicht in den Vereinigten Staaten oder in Europa. Wie ist das möglich? Wollte man den Chinesen Glauben schenken, dann müsste man anerkennen, dass sie innerhalb weniger Monate, allerhöchstens in einem Jahr, ihre gesamte Wirtschaft von einer exportorientierten Wirtschaftsmacht zu einer auf die interne Wirtschaft orientierte Industriemaschine umgestellt hätten. So eine Entwicklung hat in anderen Ländern Jahrzehnte gedauert.« Wie kann der chinesische Stimulierungsplan so gut funktionieren, während unserer kaum Wirkung zeigt? Die Antwort ist einfach: China hat nicht zugelassen, dass das Bankensystem rücksichtslos die produktive Wirtschaft niederwalzt. Die chinesischen Banken arbeiten für das Volk, und nicht umgekehrt. Das sagt Samah El-Shahat, Moderatorin beim englischsprachigen Sender Al Jazeera, die einen Doktorgrad der Universität London trägt. Am 10. August schrieb sie in dem Artikel mit der Überschrift »Für China sind Menschen wichtiger als Banken« das Folgende:

»China ist die führende Wirtschaft, in der es die Kluft – die Trennung zwischen dem Finanzsektor und der Welt der einfachen Chinesen und ihrer Unternehmen – nicht gibt. Beide Welten boomen wieder, und zwar aufgrund der Weise, wie die Regierung die Banken behandelt. China hat nicht zugelassen, dass der eigene Bankensektor so mächtig, einflussreich und groß werden konnte, dass er das Heft in der Hand halten und Bedingungen für einen Bailout diktieren kann. Einfacher gesagt, die Regierung reagiert lieber auf die Belange der Menschen und stellt deren Interessen vor die Interessen von Banken und bestimmten Gruppen. Das ist der Grund dafür, dass die chinesischen Banken in nie da gewesenem Umfang Kredite an Privatpersonen und deren Unternehmen vergeben.« Was Wolff als »globale kapitalistische Krise« bezeichnet, ist in Wirklichkeit eine Kreditkrise. Im Unterschied zu den USA sind in China Kredite nicht nur an den Finanzsektor, sondern an die Industrie und die Bezirksregierungen geflossen. Staatliche Banken haben den Kredithahn massiv aufgedreht, Bezirksregierungen und staatliche Unternehmen in großem Umfang Gelder aufgenommen. Die [chinesische Zentralbank] People’s Bank of China schätzt die Gesamtkreditvergabe im ersten Halbjahr 2009 auf 1,08 Billionen Dollar, 50 Prozent mehr als die Kreditvergabe der chinesischen Banken im ganzen Jahr 2008. Auch die Federal Reserve vergibt Kredite in nie da gewesener Höhe, aber diese Gelder sind hauptsächlich dazu verwendet worden, dem Finanzsektor selbst aus der Patsche zu helfen, bei der »Main Street« [der »Hauptstraße«] – also dem Bürger und den Unternehmen – ist davon nichts angekommen. El Shahaat fährt fort:

»In Großbritannien und in den USA boomt der Finanzsektor, während die Lage für die einfachen Menschen immer schlechter wird, die Arbeitslosigkeit ist hoch, Unternehmen machen dicht und noch immer werden Eigenheime versteigert. Wall Street und Main Street scheinen auf verschiedenen Planeten zu liegen. Das liegt vor allem daran, dass die Banken den Menschen noch immer keine Kredite gewähren. In Großbritannien und den USA haben die Banken alles Geld von den Steuerzahlern genommen und das von den Zentralbanken so leicht verfügbar gemachte billige Geld eingesteckt. Sie nutzen es zur Stützung und zur Bilanzbereinigung, anstatt den Menschen Kredite zur Verfügung zu stellen. Die Banken haben das Geld regelrecht entführt und unsere Regierungen unternehmen nichts dagegen. Tatsächlich sind sie sogar mitschuldig, weil sie zugelassen haben, dass es so weit kommen konnte.«

Risse in der Chinesischen Mauer?
Die chinesische Wirtschaft ist nicht perfekt. Der vor allem von ausländischem Investitionskapital ausgeübte Druck, Gewinne zu machen, war ein Anreiz für spekulative Abenteuer. Sehr viel Geld ist in den Bau von Hochhäusern und anderen Immobilienprojekten geflossen, die sich die meisten Menschen ohnehin nicht leisten können. Die Arbeiter in China beschweren sich jetzt über zu viel Kapitalismus, denn sie müssen heute selbst für Miete, Krankenversicherung und höhere Schulbildung aufkommen – Dinge, die früher der Staat bezahlt hat. Man bemüht sich zwar zurzeit, mittleren und kleinen Unternehmen mehr Kredite zur Verfügung zu stellen, aber die meisten gehen nach wie vor an staatliche Unternehmen und Großunternehmen. Der Grund dafür ist, dass die Banken angewiesen worden sind, bei der Kreditvergabe vorsichtiger vorzugehen und bei diesen größeren Unternehmen besteht ein geringeres Kreditausfallrisiko.

Wolff hält das chinesische »Wunder« für eine Blase, die bald platzen wird – und zwar mit katastrophalen Folgen. In der Vergangenheit sind Blasen allerdings immer dann plötzlich geplatzt, wenn sie von Spekulanten gewissermaßen angepiekst worden sind. Als 1990 der japanische Aktienmarkt platzte und andere asiatische Länder 1998 folgten, hatten ausländische Spekulanten die entsprechenden Währungen zuvor erfolgreich mit exotischen Derivaten angegriffen. Die Opfer versuchten sich zu verteidigen, indem sie mit ihren Devisenreserven die eigene Währung aufkauften, aber die Reserven waren schnell erschöpft. Heute hat China so hohe Dollarreserven aufgebaut, dass es Spekulanten schwer fallen würde, in gleicher Weise gegen den chinesischen Aktienmarkt vorzugehen. Einen schrittweisen Rückgang des Aktienmarkts aufgrund natürlicher Marktkräfte kann eine Wirtschaft ohne Schaden zu nehmen verkraften.

Wirtschaftlicher Rollentausch
Zumindest zurzeit funktioniert der Stimulierungsplan in China besser als in Großbritannien oder in den USA. Ein wichtiger Grund dafür ist, dass die Regierung den Bankensektor im Griff hat. Die Regierung kann den Kreditmechanismus so steuern, dass er staatlichen Unternehmen und dem Handel dient, denn ihr gehören die Banken, oder zumindest die meisten. Paradoxerweise steht die chinesische Wirtschaft gerade dadurch dem ursprünglichen Ideal des amerikanischen Kapitalismus näher als die heutige amerikanische Wirtschaft selbst. China wird oft als kommunistisch bezeichnet, was es jedoch im klassischen Sinne nie gewesen ist – heute weniger denn je. Von Deng Xiaoping, dem Führer der chinesischen Kommunistischen Partei, der China 1978 für ausländische Direktinvestitionen geöffnet hat, stammt der berühmte Satz, es sei egal, welche Farbe eine Katze habe, solange sie Mäuse fange. Wie immer man die chinesische Wirtschaft nennen mag, sie schafft heute die positive Rahmenbedingungen für die Unternehmer.

Der in Singapur lebende amerikanische Investor und Finanzkommentator Jim Rogers schrieb 2004 in einem »Der Aufstieg des roten Kapitalismus« überschriebenen Artikel:

»Einige der besten Kapitalisten der Welt leben und arbeiten im kommunistischen China … Wie lange die chinesische Führung auch immer noch darauf bestehen mag, sich kommunistisch zu nennen, sie ist offensichtlich sehr bemüht, die weltweit dominierende kapitalistische Wirtschaft aufzubauen.«

Die USA sind inzwischen laut Rogers zu einem »Sozialismus für die Reichen« verkommen. Wenn normale US-Unternehmen bankrott gehen, dann müssen sie sich selbst im Asphalt-Dschungel zurechtfinden. Gehen aber Banken, die als »zu groß, um zu scheitern« gelten, bankrott, dann kommen wir Steuerzahler für die Verluste auf, während die Bankbesitzer die Gewinne behalten und weiter damit spekulieren dürfen. Der Bailout der Wall Street mit Steuergeldern stellt eine radikale Abkehr von kapitalistischen Prinzipien dar und hat das Bild der amerikanischen Wirtschaft grundlegend verändert. Zu dem Kapitalismus, den man uns in der Schule gelehrt hat, gehörten Tante-Emma-Läden, bäuerliche Familienbetriebe und kleine Unternehmen, die mit anderen wetteiferten. Die Regierung hatte die Aufgabe, die Regeln festzulegen und dafür zu sorgen, dass sich alle an die Spielregeln hielten. Aber das ist nicht der Kapitalismus von heute. Riesige Ladenketten und Mega-Industrien haben die Tante-Emma-Läden verdrängt, die kleinen Farmbetriebe sind von Agrobusiness-Multis aufgekauft worden. Die Banken von der Wall Street sind heute so mächtig, dass sich Kongressabgeordnete beschweren, den Banken gehöre der Kongress. Riesige Banken und Konzerne haben die Regeln zum eigenen Nutzen geändert. Gesunder Wettbewerb ist einer Form von Raubtier-Kapitalismus gewichen, bei dem die kleinen Fische systematisch von den Haien geschluckt werden. Das Ergebnis ist eine ständig breiter werdende Kluft zwischen Reich und Arm, der größte Vermögenstransfer der Weltgeschichte.

Die beste beider Welten
Die chinesische Lösung für ein gescheitertes Bankensystem bestünde in der Verstaatlichung der Banken selbst, nicht nur in der Übernahme ihrer uneinbringlichen Forderungen. Würden die USA so vorgehen, dann erhielten »wir, das Volk« endlich einen Gegenwert für unsere Investitionen – nämlich ein stabiles und verantwortlich handelndes Bankensystem, das dem Volk gehört. Wem das Wort »verstaatlichen« unamerikanisch vorkommt, der kann ja »im öffentlichen Besitz und zum Wohle der Allgemeinheit wirkend« denken – wie öffentliche Büchereien, öffentliche Parks und öffentliche Sportplätze. Wir müssen unsere Dollars von der Wall Steet zurückbekommen und sie wieder auf der Main Street investieren. Das geht aber nur, wenn wir das außer Kontrolle geratene Monopol der Privatbanken brechen und die Kontrolle über Geld und Kredit wieder dem Volk übergeben. Wenn die Chinesen die beste aller Welten haben können, dann können wir das auch.

http://info.kopp-verlag.de/news/das....ierung-nicht-umgekeh.html
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